Denkwürdiger Datenschutz-Tag:
Beginnt heute das Happy End für den digitalen Binnenmarkt?
v.l.n.r.: Alexandra Vetrovsky-Brychta (iab austria), Robin Rumler (AmCham Austria), Daniela Homan (AmCham), Foto: Roland Rudolph
Happy End für den Datenschutz oder unendlicher Leidensweg? iab-austria-Vizepräsidentin Alexandra Vetrovsky-Brychta beim AmCham Business Breakfast über fairen Datenschutz und die ab heute, Freitag, wirksame EU-DSGVO.
„Die heute in Kraft tretende Datenschutzgrundverordnung verändert die Geschäftswelt und betrifft alle Geschäftsbereiche, bietet aber auch neue Chancen für den europäischen Digitalstandort“, begrüßt AmCham-Austria-Vizepräsident Robin Rumler beim Business Breakfast der American Chamber of Commerce in Austria am Freitagvormittag im Hilton Vienna Plaza. Am „D-Day“ des Datenschutzes gibt interactive-advertising-bureau-austria-Vizepräsidentin Alexandra Vetrovsky-Brychta in ihrer Keynote den Mitgliedern der American Chamber of Commerce in Austria einen Überblick über den großen Wandel in der Datenwirtschaft. Sie beginnt mit der positiven Nachricht: Die EU kann mit einer fairen und intelligenten Datenschutzpolitik weltweit Vorbildwirkung haben. Marktführer wie Microsoft überlegen bereits, die hohen Datenschutz-Standards in ihr globales Geschäftsmodell zu implementieren.
Obwohl es eine zweijährige Übergangsfrist gab, sind beim heutigen Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung noch nicht alle Unternehmen fit für die neue Verordnung. Davon sind vor allem Klein- und Mittelunternehmen betroffen, die durch mangelnde Ressourcen die Umsetzung nicht zeitgerecht bewältigen konnten. Mittelfristig werden manche Unternehmen aufgrund der strikten Auflagen auch ihre Geschäftstätigkeit einstellen.
„Wären wir nicht in einer guten Konjunkturphase gewesen, hätte die Implementierung der EU-DSGVO erheblich negativere Auswirkungen auf die Wirtschaft gehabt, die enorme Ressourcen aufwenden musste“, führt Vetrovsky-Brychta aus.
Verwirrung, Verunsicherung und Wettbewerbsnachteil
Österreich hatte bereits vor der neuen Datenschutzgrundverordnung einen hohen Datenschutz-Standard – von einem gestärkten Datenbinnenmarkt könne durch die über 50 national umsetzbaren Öffnungsklauseln der EU-DSGVO noch immer keine Rede sein. Aktuell herrsche ein Zustand von Verwirrung, Verunsicherung und ein möglicher Wettbewerbsnachteil, führt die Digitalexpertin aus.
„Daten sind die Grundlage unseres Wirtschaftslebens. Deswegen braucht es Sicherheit und faire Rahmenbedingungen für Verbraucher und Unternehmen“, betont Vetrovsky-Brychta und weist auf die unklare Rechtslage hin. Schlecht kommunizierte Anpassungen des Gesetzestextes in letzter Minute haben zu weiterer Verwirrung geführt und zusätzliche Kosten auf Unternehmensseite verursacht.
Faulheit der User begünstigt US-Digitalgiganten
„Datenschutz ist wichtig und ein Grundrecht“, unterstreicht die iab-austria-Vizepräsidentin und zeigt anhand eines Beispiels aus der Praxis, dass die Datenschutzgrundverordnung keine Lösung im Wettbewerb gegen die US-Digitalgiganten ist. So war die Datenweitergabe an Cambridge Analytica beispielsweise durch die Bedingungen von Facebook gedeckt. „Instagram, WhatsApp und Facebook werden die Menschen aus Bequemlichkeit weiter nutzen und sämtliche Bedingungen akzeptieren, um die Funktionen kostenfrei zu erhalten“, ist Vetrovsky-Brychta überzeugt.
Bundesregierung kann während der EU-Ratspräsidentschaft die richtigen Weichen für den Digitalstandort stellen
Zusätzlich droht dem europäischen Digitalstandort mit der gerade in Begutachtung befindlichen ePrivacy-Verordnung ein Rückschlag, der die Datenwirtschaft in die Steinzeit zurück bombardieren würde. Österreich hat in der bevorstehenden EU-Ratspräsidentschaft weitreichende Möglichkeiten, die richtigen Weichen für den europäischen Standort zu stellen, bevor Facebook, Google und Co. durch eine hausgemachte Verordnung noch mehr Macht und Einfluss gewinnen.